Hättest Du den Mut gehabt, vor 50 Jahren ein ganzes Dorf zu kaufen? Oder eigentlich zwei, wenn man Bordei zu Terra Vecchia rechnet. Für 5’000 Franken – und dann 30 Millionen aufzutreiben, um die Ruinen und eingefallenen Dächer in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Ein neues Wasserleitungssystem und die Kanalisation zu bauen, die Stromleitungen unterirdisch zu verlegen. Und all dies nicht aus Gewinnstreben, sondern um aus der Gesellschaft gefallenen Kindern und Jugendlichen eine neue Perspektive zu schaffen.
Es ist das Lebenswerk eines Pioniers, der in den Siebzigerjahren die Terra Vecchia aufbaute. Sein weithin sichtbares Denkmal ist der rote Kran, der nun auf die Vollendung der letzten Häuser wartet. Sein inneres Feuer aber, die Triebfeder für den bescheiden gebliebenen 70-jährigen, sind wohl die menschlichen Erfolge, die er stets in Gemeinschaft mit Vielen durch seine Bau-Therapie erreicht hat.
Jürg Zbinden, der Patriarch und Abt seines nicht religiösen Klosters steht heute vor der grossen Herausforderung, «Terra Vecchia Villaggio» in neue, zeitgemässe Strukturen zu überführen. Von all dem Erreichten selbst etwas loszulassen und neuen Kräften das Ruder zu überlassen.
Vieles hat sich gewandelt seit den Anfängen der ursprünglichen Stiftung «Terra Vecchia». Das Dorf ist gebaut. Doch was soll damit geschehen. Einige Teile funktionieren bereits, Neues entwickelt sich gerade. Das zukunftsträchtigste Projekt ist die „Kulturvermittlung im sehr peripheren Raum“ welches von Barbara Balba Weber geführt wird. Im „Kulturdorf für Junge“ findet man die Social Media Links. Wer sich für das Kulturdorf interessiert, ist herzlich eingeladen, am Sonntag, 1. August, um 11.11 Uhr nach Terra Vecchia zu wandern. Eine Gruppe junger Afghanen aus dem Tessin und Studentinnen aus der Deutschschweiz servieren Getränke, Kuchen, Geschichten und Lieder mit Migrationshintergrund. Um Anmeldung wird gebeten.
Das «Ritiro Terra Vecchia» im Kontext der wunderschön renovierten Kirche hat sich mit den „Ora et musica“ und „Ora et labora“ Meditationen bereits gut etabliert. Auch die Osteria, mit der perfekten Infrastruktur, die aber nur schwerlich kostendeckend zu betreiben ist. Zentral für die ganzen Betriebe ist die selbsttragende Land- und Forstwirtschaft. Wie kann die gebaute Schule und Werkstatt weiter genutzt werden für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, welche sich in ihrer Welt gefährdet und schutzlos fühlen. Neue Schulungs- und Ausbildungsprojekte sollen helfen und werden dem Dorf mehr Leben einhauchen.
2017: Terra Vecchia noch im Aufbau
Ein erneuerter Stiftungsrat entwickelt zurzeit ein vorausschauendes Betriebskonzept, welches dem sozialen Kernauftrag zur beruflichen Integration gerecht werden soll und bestehende wie zukünftige Dienstleistungen auf ein sicheres finanzielles Fundament stellt. Für die Jahre 2023/24 ist bereits eine ausgeglichene Erfolgsrechnung für das Teilprojekt der beruflichen Integration geplant.
So präsentiert sich die Anlage heute:
Die Entstehung von Terra Vecchia (Raxa) geht auf das Jahr 1379 zurück. Einwohner dieses und anderer Dörfer der Centovalli sollen in Pisa und später in Livorno das Monopol als Lastenträger erhalten oder als Zöllner in Florenz gearbeitet haben. Der kleine Reichtum aus dieser Arbeit ermöglichte wohl die gute Grundsubstanz von Kirche und Häusern in Terra Vecchia.
Terra Vecchia und Bordei sind heute die Musterdörfer des Tals. Nirgends sonst in den Centovalli finden sich so viele perfekt restaurierte Gebäude, die nicht nur touristische Bedürfnisse abdecken. Die rundum erneuerte Infrastruktur der Dörfer zeigt, wie man das Tal wieder zum Leben erwecken könnte, für Familien, für Kinder und nicht zuletzt für eine klimagerechte Zukunft mit Land- und Forstwirtschaft. Dies alles ist der visionären Kraft von Jürg Zbinden zu verdanken. Doch nicht allein um des Bauens willen. Er hat es vielmehr verstanden, Sponsoren, Behörden, Gemeinden und Sozialwerke einzubinden, um gemeinsam mit seinen Mitarbeitenden einer Vielzahl von Jugendlichen über all die Jahre neues Selbstbewusstsein und neue persönliche wie auch berufliche Perspektiven zu vermitteln. Es bleibt zu hoffen, dass er die Früchte seiner Arbeit noch lange ernten kann.
Wer das Projekt finanziell unterstützen möchte, ist willkommen unter folgendem Spendenkonto:
Fondazione Terra Vecchia Villagio,
UBS Zürich, IBAN: CH54 0024 6246 3419 0402 N
Und wer sich die Kleinode bei einer gut beschatteten Sommer-Wanderung von Bordei nach Rasa (oder umgekehrt) wieder mal persönlich anschauen möchte, sei aber gewarnt: Die schöne Osteria in Bordei ist momentan leider geschlossen.
Noch mehr Informationen, noch mehr Bilder?
Unter diesem Link findet sich ein interessanter SRF- Schweiz aktuell – Beitrag «Ein Blick hinter die Kulissen der Sonnenstube». Jürg Zbinden erzählt 2019 von seinen Anfängen in Terra Vecchia.
Und zum Schluss noch ein Drohnen-Flug über Bordei.