Verunsicherte Rustici-BesitzerInnen

Update vom 10.Novemer 2023:

Gemäss einem Artikel in der Tessinerzeitung vom 10. November 2023 werden die befürchteten neuen Vermietungs-Regeln des Kantons entschärft. Die Zeitung schreibt: „Privatvermieter von Ferienhäusern und -wohnungen im Tessin können aufatmen. Nachdem die jüngste Verschärfung der kantonalen Regeln für die Kurzzeitvermietung von Unterkünften zu touristischen Zwecken für grosse Besorgnis in der gesamten Tourismusbranche gesorgt hat, bessert der Kanton nun in einigen Punkten nach. Für das heikle Thema der Rustici ausserhalb der Bauzonen gibt es zumindest einen Aufschub.“ Die wichtigste Neuigkeit: Für die Vermietung einer Ferienunterkunft innerhalb der Bauzone zu touristischen Zwecken an mehr als 90 Tagen ist nun doch nicht – anders als zuletzt kommuniziert – zwingend eine Nutzungsänderung in “gewerbliche Aktivität” notwendig.“ Den ganzen Beitrag findest Du hier.

Seit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative 2013 hat jede weitere Gesetzesrevision nur neue Unsicherheiten geschaffen. Sei dies mit Bauzonenverordnungen, kantonalen Regulierungen oder Anpassungen der Tourismus-Gesetze. Seit einiger Zeit ist die Diskussion im Tessin neu aufgeflammt. Wer darf sein Rustico noch länger als 90 Tage im Jahr vermieten oder wird man gezwungen, eine nicht genutzte Liegenschaft ganzjährig zu vermieten?

Dies hat nun sogar die Comune delle Centovalli am 5. September 2023 zu einem Raumplanungs-Rundschreiben „Pianificazione Territoriale“ veranlasst, welches allerdings eher weitere Fragen aufwirft und Ängste schürt. Der folgende Text ist eine maschinelle Übersetzung dieses Schreibens ins Deutsche – ohne Gewähr auf inhaltlich korrekte Übersetzung. Wenn Du der italienischen Sprache mächtig bist, konsultiere Sie bitte das Originaldokument:

„Am 11. März 2013 hat das Schweizer Volk die Revision des Bundesgesetzes über die Raumplanung angenommen. Raumplanung mit dem Ziel, „die Zersiedelung und den übermässigen Flächenverbrauch einzudämmen, um eine kompaktere Siedlungsentwicklung sicherzustellen sowie die Attraktivität der Schweiz als Wohn- und Arbeitsort zu erhalten“. Die Politik von Bund und Kantonen hat die Konzentration von Ressourcen an „strategischen Standorten, d.h. gut an den öffentlichen Verkehr angebunden, mit Dienstleistungen und Infrastrukturen für die Bevölkerung und die Wirtschaft ausgestattet, entlang Hauptverkehrsachsen und Zentren“. Dies bedeutet, dass trotz der schönen Worte zur Unterstützung der Randgebiete die Täler in der Praxis zunehmend aufgegeben werden.
Letztes Jahr hat der Bund die Änderung des Blattes R6 des kantonalen Richtplans, der als gesetzliche Grundlage für das Tessin dient, genehmigt und restriktiver korrigiert. Das Blatt befasst sich hauptsächlich mit der Frage der Bauzonen und deren Dimensionierung. Wie Sie vielleicht schon in den Medien gelesen oder gehört haben, wirft das Thema viele Fragen und Bedenken auf.
Die kommunalen Bauzonen müssen nach Entwicklungszielen mit einem 15-Jahres-Horizont festgelegt werden, die sich an der lokalen Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung orientieren. Leider nimmt die Bevölkerung im Centovalli ab (mehr Todesfälle als Geburten) und es gibt eine deutliche Überalterung. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch zu früh, um mit Sicherheit sagen zu können, welche Folgen dies auf der Planungsebene haben wird (es besteht noch große Ungewissheit über die Politik, die der Staatsrat auf den Vorschlag des Departements für Raumplanung hin verfolgen wird. Innerhalb von 1-2 Jahren ist das konkreteste Szenario eine mögliche Baublockade für alle noch freien Baugrundstücke (sie könnten als Reservezone aufgenommen oder sogar aus der Bauzone entfernt werden), da die Baumöglichkeiten des bereits Gebauten ausgenutzt werden sollen. Sollte dies der Fall sein, zusammen mit der teilweisen Möglichkeit der Umwandlung von Erstwohnungen in Zweitwohnungen (wir sind bereits bei 68% Zweitwohnungen!), werden wir mit weiteren Elementen konfrontiert sein, der dramatischen und sicheren Herausforderung einer zunehmenden Entvölkerungstendenz. Die Hauptursache ist das Bevölkerungswachstum. Die Gemeindeverwaltung möchte alle Grundstücks- und Immobilieneigentümer dazu bringen, eine verantwortungsvolle und unterstützende Haltung einzunehmen.
Wo immer es möglich und notwendig ist, sollten leerstehende Häuser an Menschen vermietet wer-den, die dort leben wollen, und Hauptwohnsitze sollten als solche erhalten bleiben, sodass Erstwohnsitze als solche erhalten bleiben. Natürlich sind wir uns bewusst, dass das Thema komplex ist, viele Gebäude sind alt und renovierungsbedürftig, die Finanzierung ist schwierig, es gibt einen Wettbewerb um Mieten und in den letzten Jahren wurde in der Region Locarno viel, vielleicht zu viel, gebaut (hohe Leerstandsquote). Für Eigentümer von unbebauten Grundstücken besteht das große Risiko darin, dass, wenn eine Baubewilligung nicht vorliegt und in den folgenden zwei Jahren gebaut wird (Dauer der der Genehmigung), ihr Land für Jahre, vielleicht Jahrzehnte, unbebaut bleibt, es sei denn, es gibt ein starkes demografisches Wachstum, das eine Neuausweisung von inzwischen „eingefrorenem“ Bauland ermöglicht.
Soweit uns bekannt ist, hat der Bundesgerichtshof bereits über ähnliche Fälle entschieden und hat in den meisten Fällen den Eigentümern keine Enteignungsentschädigung zugesprochen.
Die Demographie betrifft auch die Aufrechterhaltung von Schulen und anderen öffentlichen Dienstleistungen, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, des öffentlichen Nahverkehrs, die Stabilität der Finanzen der Gemeinden usw. Eine solche negative Entwicklung führt zu einem Teufelskreis, in dem die Attraktivität des Centovalli als Wohngemeinde und die finanziellen Ressourcen des Centovalli sinken, als Wohngemeinde und als Finanz- und Wahlgemeinde mit der Folge, dass die Steuern und Abgaben für diejenigen steigen, die weiterhin in unserem herrlichen Tal leben werden.
Die heutige Gemeinde wird beim Kanton vorstellig werden, um die bestmöglichen Bedingungen auszuhandeln, damit noch die Möglichkeit besteht, zumindest teilweise neue Privathäuser zu bauen und bestehende zu erweitern, um neue Wohneinheiten zu schaffen; allerdings müssen die grössten Anstrengungen noch von den Eigentümern unternommen werden, die langfristig dafür sorgen müssen, dass die Erhaltung des Gemeinwohls auf lange Sicht über rein kurzfristige persönliche wirtschaftliche Interessen gestellt wird.


Eine gewisse Präzisierung, insbesondere zu den Neuerungen der Vermietungs-Regulierung, findet sich in diesem Beitrag der Tessiner-Zeitung vom 15. September 2023. *

Ich bin gespannt auf Deinen Kommentar zum Thema! Kannst Du mehr Licht in diese Fragen bringen? Bist Du in der einen oder anderen Art davon betroffen?

* Noch eine Anmerkung zur Tessiner-Zeitung: Ich verlinke vereinzelt Auszüge oder Artikel dieser Zeitung in meinem Blog. Doch die Tessiner-Zeitung ist für ihre aufwendigen Recherchen für die deutschsprachige Bevölkerung auf Abonnemente angewiesen…

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