Die extrem warmen Ostertage im Tessin sind vorbei aber der Schneeschmelze in Lagen über 1500 m.ü.M. kann man immer noch zusehen. Wer also nicht schon wieder zur Arbeit muss oder sich im Home Office einen Freitag gönnt, sollte die Gelegenheit nutzen, die Wanderschuhe aus dem Winterschlaf zu wecken. Es lohnt sich, denn die kahlen Bäume oder die nur mit zartem Grün verzierten Äste ermöglichen Durchblicke, die einem im Sommer verwehrt sind.
Doch wo soll man wandern, wenn man keinen Weg findet? Da sind die meist unsichtbaren Wegbereiter gefragt, die auch dem ortsfremden Wanderer auf Sichtweite mit frisch gemalten weiss-rot-weissen* Streifen den Weg weisen! Einer von diesen selbstlosen Freunden der Wanderer ist ein Nachbar von mir, Hans Kern. Seit 35 Jahren besitzen er und seine Frau ein kleines Rustico in Costa. Der heute pensionierte Fotograf hat die neuen Wanderweg-Zeichen gleich selber dokumentiert.
Die meisten Wanderwege findet man über Kartenmaterial. Hier hat sich in den letzten Jahren „swisstopo“ digital hervorgetan. Ich habe bereits im Beitrag über die Via Mercato auf die tolle App hingewiesen. Seit 1. März 2021 sind nun auch alle digitalen Geodaten von „swisstopo“ kostenlos und können frei genutzt werden. Auch die Namen der Berggipfel findet man in der App mit dem Smartphone-Sucherbild.
Und doch bleibt ein grosser Wermutstropfen. Denn viele schöne Wege, die nur wenig begangen werden, findet man nicht auf diesen Karten. Grund: Es gibt keine oder keine sichtbaren Wandermarkierungen mehr.
Eine dieser tollen Routen ist der direkte Weg von Costa Borgnone über Corte Nuovo zum Pizzo Ruscada. Bereits vor 30 Jahren haben Hans und ich diese Route mit Spraydosen bewaffnet markiert. Nach wenigen Jahren war davon nichts mehr zu sehen. Vor einem Monat hat nun Hans nochmals die Initiative ergriffen und ist mit zwei Farbkübeln losgezogen, das schwer zu findende Wegstück nach Corte Nuovo neu zu bemalen. Nach dem von Gianni Pantini gestalteten „Punto panoramico“ mit der schönen Sitzbank und der überwältigenden Aussicht (Bella Vista) musste Hans das weitere Markieren auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Der viele Schnee in den schattigen Osthängen hätte für die Arbeiten ein zu grosses Risiko bedeutet. Sobald er wieder in Costa ist und die Bedingungen es zulassen, will er nochmals zu Farbe und Pinsel greifen und das restliche Wegstück bis nach Corte Nuovo markieren.
Nicht zu unterschätzen sind letztlich auch die Sicherheitsaspekte dieser Markierungen. Die Centovalli sind ein gefährliches Gelände. Die weiss-rot-weissen Markierungen sind in der Schweiz bekanntlich Bergwanderwege. Leider wird dies von unbedarften Turnschuh-Ausflüglern nicht immer ernst genommen. Jahr für Jahr kommt es zu schweren Unfällen und gar Todesfällen. Mit der Wanderung zum Ruscada solltet ihr allerdings selbst mit guter Ausrüstung noch etwas zuwarten. Trotz eitel Sonnenschein liegt noch zu viel Schnee…
Auf eine kleine Wanderung, die auch jetzt schon Freude bereitet, werde ich demnächst mit einem Ausflug ins Pedemonte «gluschtig» machen.
* Wer noch mehr über Wegmarkierungen erfahren möchte, findet dies hier.
Ich danke Dir Robert für Deine immer wieder sehr kompetenten Berichte. Sie sind eine Bereicherung für uns alle.
Und danke auch an Hans für seinen Einsatz beim Markieren.
Beste GRüsse
Harry